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Alle paar Jahre kommt ein Sherlock-Holmes-Spiel raus und wir freuen uns, immer wieder ins England des 19. Jahrhunderts eintauchen und spannende Fälle lösen zu können. Dieses Mal wird es philosophisch; das Spiel bekommt seinen Titel von Dostojewskis ,,Schuld und Sühne". Ihr selbst seid Richter und Henker der Schuldigen und eure Schlussfolgerungen sind entscheidend! Wir haben die Xbox-One-Version getestet - lest unser Review um euch einen Eindruck zu verschaffen.

Kein Fortschritt in der Technik

Das erste, was einem tatsächlich direkt auffällt, ist die etwas veraltete Grafik des Spiels. Einen Vorteil hat es: Das Spiel ist im Vergleich zu anderen Spielen nur 12,4 GB groß und schnell auf eurer Konsole installiert. Mehr Vorteile gibt es allerdings durch alte Technik nicht. Denn die Grafik scheint für einen Xbox-One-Titel tatsächlich nicht angemessen. Sie entspricht dem Pendant auf der Xbox 360 genau, hat sich seit dem letzten Spiel (Das Testament des Sherlock Holmes) nicht verändert und andere Spiele, wie das zwischenzeitlich erschienene L.A. Noire, die eine ähnliche Spielweise haben, zeigen weitaus mehr Finesse, was grafische Details und Aufpolierung angeht - und das bereits auf der Xbox 360.

Nein, Gesichtsausdrücke sind weiterhin fast nicht vorhanden und Charaktere wirken sehr emotionslos. Gott sei Dank gibt es eine sehr gute Sprachausgabe, die viel Atmosphäre rettet (auch wenn Holmes selbst teilweise etwas zu arg hölzern dargestellt wird, wohlwissend, dass dies intendiert war). Die ist aber zum ersten Mal nur auf Englisch verfügbar (deutsche Untertitel), was vielleicht einige abschrecken könnte. Allerdings sind die Gespräche sehr verständlich, die Dialoge langsam und jederzeit nachlesbar, falls man was verpasst haben sollte. Dennoch: Ein Rückschritt.

Die musikalische Untermalung hält sich auch diesmal stark zurück, was allerdings nicht wirklich schlecht ist. Ab und zu hätte man durch einen passenden klassischen Soundtrack vielleicht noch etwas mehr Kinoatmosphäre herzaubern können, aber die sehr dezente Hintergrundmusik, die sich dem Schauplatz anpasst, ist dadurch zumindest nie aufdringlich und fällt kaum auf. Fürs Lösen der Fälle sehr angenehm.

Die recht linearen, aber spannenden Fälle

Die Erzählstruktur und das Gameplay sind zu den Vorgängern weitestgehend gleich geblieben. Ihr kontrolliert in der Regel den kuriosen Detektiv selbst und müsst in verschiedenen Schauplätzen nach Hinweisen, Beweisen, Dokumenten und Tatzeugen Ausschau halten. Dies ist alles recht simpel gehalten und funktioniert nach Point & Click Manier. Es ist sogar so einfach, dass, wenn ihr alles Wichtige entdeckt habt, das Lupensymbol (das als Hinweis auf Objekten dient, dass man sie analysieren kann) grün wird und man sich so anderen Dingen zuwenden kann.

Auch die Dialoge sind recht einseitig und nicht wirklich beeinflussbar. Ihr könnt mit Zeugen immer wieder sprechen, wenn sich neue Hinweise gefunden haben und sie auf bestimmte Dinge ausfragen - Einflussmöglichkeiten habt ihr aber auf die Dialoge tatsächlich nicht. Nur ab und zu müsst ihr auf offensichtliche Lügen von Personen reagieren und sie mit einem widersprechenden Beweis konfrontieren. Wählt dazu den richtigen Hinweis aus.

Das simple Gameplay wird ab und zu durch kleine Minispiele aufgelockert. Mal sind es kurze Quicktime-Events, mal sind es Schlösser, die man knacken muss. Auch der Analysetisch für chemische Substanzen oder Experimente steht wieder zur Verfügung - alles hält sich aber in seinen Möglichkeiten stark in Grenzen. Wer mit den manchmal kniffligen Minispielen überfordert ist, kann sie sogar überspringen; das Spiel wird dadurch fast zu einem spielbaren Film, in dem man selber nur die Aufgabe des Spulenwechslers übernimmt. Das ist einerseits schade, weil viel Aktivität beim Spieler verloren geht, andererseits hat dies schon immer den Charme der Sherlock-Holmes-Spiele ausgemacht und das Spiel wirkt dadurch unglaublich langsam und beruhigend im Stress eines Shooter-Alltags.

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Fazit

Crimes & Punishments spielt sich genauso, wie wir es von einem Sherlock-Holmes-Spiel erwartet haben. Das ist allerdings nicht unbedingt so positiv. Denn die Technik ist gleichgeblieben und ist so eines Xbox-One-Spiels nicht unbedingt würdig - bereits Xbox 360 Spiele mit ähnlichem Gehalt haben es besser gemacht. Allerdings ist Grafik nicht alles. Die rein englische Sprachausgabe ist gewohnt gut und rettet viel Atmosphäre in einem Spiel, indem es hauptsächlich um das Stück für Stück Erkunden von Mordfällen geht.

Das Gameplay ist somit wie gewohnt ruhig, ein Point & Click ohne große Überraschungen, ohne zu große Erkundungsfreiheiten und ohne Schwierigkeiten. Selbst die Minispiele können übersprungen werden. Neu ist die Möglichkeiten bei den Schlussfolgerungen selbst entscheiden zu können, wen man als Schuldigen überführt und die Möglichkeit, seinen Beschuldigten hinter Gitter zu bringen oder Gnade walten zu lassen. Dies macht die Lösung der Fälle spannender, da man selbst stets etwas im Ungewissen bleibt, ob man die richtige Entscheidung getroffen hat.

Insgesamt bietet das Spiel aber nicht sehr viel Umfang. Das simple Gameplay, die lineare Story und die nicht vorhandenen Zusatzfeatures resultieren in 9-10 Stunden Spielspaß ohne wirklichen Wiederspielwert. Alles in allem bleibt das Spiel für Krimifans interessant und unterhaltsam, besonders im Gegensatz zum ,,normalen" Xbox-Alltag, kann aber in einigen Bereichen nicht mit anderen Vollpreistiteln mithalten.


Bewertung

Pro

  • Charme und Atmosphäre von Sherlock Holmes
  • Möglichkeit, eigene Schlussfolgerungen zu ziehen
  • Spannende Kriminalfälle mit kniffligen Rätseln

Contra

  • Grafisch veraltet, nur englische Sprachausgabe
  • Gameplay sehr linear, keine großen Erkundungsmöglichkeiten
  • Umfang gering, kein Wiederspielwert

Grafik 7 von 10
7/10
Sound 8 von 10
8/10
Story 8 von 10
8/10
Umfang 6 von 10
6/10
Spielspaß 8 von 10
8/10
Gameplay 8 von 10
8/10
XBU-Silver-Award
8

7 Kommentare

Jason_V. Di, 05.04.2016, 20:54 Uhr

Habs zwar auch nur als Gratisdownload gespielt und die Maschinerie somit nicht finanziell unterstützt, fand das Spiel aber richtig gut.
Grafik kann man verschmerzen, Steuerung ist teilweise natürlich etwas wackelig in der kleinen, bespielbaren Welt.

Aber das macht nichts. Die Fälle sind spannend weil ich mir meist bis zum Schluss nie wirklich sicher war, ob ich richtig liege.

Wenn da ein neuer Teil raus kommt, würd ich mir den für 40 oder 50 Euro sicher kaufen!

c0rtez Mo, 02.03.2015, 06:47 Uhr

Ja da magst du recht haben. Einen Actionreichen trailer zu machen fällt bei dem Spiel sehr schwer. Und Grafik is halt Meinungssache. Ich zb finde die Grafik sehr gut. Ich meine klar is kein ryse forza oder bf aber für ein Spiel dieser Art finde ich die Grafik top.

XBU Philippe So, 01.03.2015, 23:25 Uhr

Ich glaube, dass ein großes Problem bei Sherlock Holmes auch ist, dass sich das Spielprinzip schwer "vermarkten" lässt. Das muss man einfach selber spielen, um zu verstehen, dass es unterhaltsam ist. In einem Trailer sieht man eher die prinzipiell mittelmäßige Grafik, macht sich kein Bild vom Gameplay und es gibt auch keine wirklich vergleichbaren Spiele.

Ist ein wenig so, wie für ein komplexeres Brettspiel Werbung zu machen: Schwierig. Man muss es selbst spielen, um herauszufinden, ob es einem gefällt.

c0rtez So, 01.03.2015, 18:02 Uhr

Gern geschehen.

Eben deswegen habe ich auch nochmal was dazu gesagt. Solche Dinger werden echt unterschätzt. Sind halt mal was total anderes, aber grundsätzlich spaß am räteseln hat macht nix verkehrt. Auch wenn sonst eher Shooter oder Sportspiele auf der Kaufliste stehen.

XBU MrHyde So, 01.03.2015, 17:24 Uhr

Cool, dass Du noch so einen persönlichen Bericht geschrieben hast (y)

Manch kleine Perle geht einfach unter, die vielleicht nicht 60-70€ wert ist, die man aber für 30-40€ durchaus kaufen kann. Manchmal liegt es an fehlendem Marketing-Budget, manchmal an schlechten Releasezeiten, wenn man sich mit großen Titeln vor Weihnachten anlegt. Es kann ja nicht jeder 5-6 Spiele im Monat kaufen und da ziehen die Blockbuster halt mehr.

Solche Spiele sollten aus meiner Sicht mal die Releasefenster im ersten Halbjahr im Blick haben.

Selber habe ich den Titel hier nicht gespielt, aber bei den Rätseln der anderen Sherlock-Spiele Spaß gehabt. Noch mal Danke für den Input :)

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