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Quo vadis?

Der vermeintliche Star von Halo Infinite ist neben der Story aber vor allem die offene Spielwelt – ein Novum in der Spielreihe. Gut, Halo ODST hat die ersten Schritte gewagt, aber hier können wir uns endlich richtig frei über die Karte bewegen und all die verborgenen Geheimnisse der Ringwelt erkunden.

In den besten Moment ist das auch genau das, was wir uns schon immer von einem Halo gewünscht haben. Es fühlt sich an wie eine große Version des Schweigenden Kartographen aus dem ersten Teil, wir erkunden Schluchten, Täler, Gebirge und Wälder auf eigenen Fuß, marschieren mit Marines in feindliche Basen und haben dabei jederzeit die volle Kontrolle, wie wir die nächste Feindbegegnung angehen.

Hilfreich sind dabei vor allem die Fähigkeiten, die wir früh in der Kampagne freischalten. Vor allem der Greifhaken fühlt sich so gut und vertraut an, dass er zukünftig nicht mehr wegzudenken ist. Doch auch die auswerfbare Deckung, der Gefahrensensor oder die Schubdüsen wissen zu gefallen – geraten aber doch immer wieder in Vergessenheit und sind je nach Situation mal mehr oder weniger nützlich – zumindest auf den niedrigeren Schwierigkeitsgraden. Eine Bereicherung für die Sandbox sind sie allemal.

Natürlich gibt es in der offenen Welt auch einiges zu entdecken. Neben den bereits erwähnten Audio Logs finden wir auch:

  • Spinte mit Multiplayerskins
  • die serientypischen Schädel, die künftige Durchläufe modifizieren können
  • kleine Außenposten und große Feindbasen
  • Blutsväterartefakte
  • Waffenvarianten
  • besonders starke Banished-Anführer

Zuletzt liegen Rüstungskerne in der Welt verteilt herum. Diese nutzen wir, um unsere Fähigkeiten rollenspielartig aufzubessern.

Innenräume sind sehr atmosphärisch beleuchtet

Ist die Welt eine Scheibe?

Wie oben bereits erwähnt, fühlt sich die Open World oftmals einfach hervorragend an. In eingenommenen Außenposten etwa können wir Fahrzeuge anfordern, die die Fortbewegung auf dem Ring beschleunigen. Aber auch zu Fuß sind wir dank Greifhaken schnell unterwegs, allzu groß fällt die Welt eh nicht aus.

Das begrüßen wir jedoch, da so keine langgezogenen Laufwege oder Strecken entstehen. Was allerdings schade ist: umgebungstechnisch ändert sich gar nichts im Verlauf des Spiels. Durchwandern wir in Missionen häufig das Innere des Rings und sind in den kalten, mysteriösen und metallischen Hinterlassenschaften der Blutsväter unterwegs, erwarten uns überirdisch die immer selben Wälder, Gebirge und Täler – angelehnt an den pazifischen Nordwesten der USA.

Nicht falsch verstehen, die Umgebungen sind schön gestaltet und erinnern eben auch an die erste Ringwelt, auf die wir vor 20 Jahren unsere ersten Schritte mit dem Master Chief getätigt haben. Etwas Abwechslung hätte aber wirklich gutgetan. Es gibt keine Wüsten, dichten Dschungel oder eisig kalte Abschnitte – auch ein Wettersystem fehlt noch.

Über die teilweise Leere der Welt kann all das aber nicht hinwegtäuschen. Oft gibt es nicht viel zu entdecken. Klar, Fans finden ein paar Anspielungen an alte Teile und es gibt auch einige Abschnitte, in denen wir anhand der Umgebung kleine Geschichten präsentiert bekommen. Aber abseits davon und ein paar Easter Eggs bleiben am Ende nur die Sammelgegenstände, die fast vollständig auf der Karte angezeigt werden und im späteren Spielverlauf mehr zur abhakbaren Aufgabe werden und weniger den Spielspaß vorantreiben – wäre da nicht das wirklich gute Gunplay.

Immerhin wurde ein Tag-Nacht-Zyklus implementiert. Der dauert recht lang und taucht die ringförmige Kunstwelt in immer neues Licht. Das kommt auch dem Gameplay zugute: Wir entscheiden ganz frei, ob wir eine Mission lieber bei hellstem Sonnenschein oder im Schatten der Nacht angehen.

Die Blutsväter spielen auch hier wieder eine Rolle

Fototour auf dem Halo

Überhaupt: In vielen Momenten sieht Halo Infinite einfach wunderschön aus. Damit meinen wir gar nicht so sehr die Grafikqualität, vielmehr den Artstyle. Der ist nämlich ebenfalls eine echte Rückkehr zu den Wurzeln und vermischt das Beste aus der alten Bungie-Ära mit einigen neueren Designs.

Vorbei die Zeiten agiler „Powerranger“, hier stapft wieder ein Koloss durch die Gegend, der von vorherigen Schlachten gezeichnet ist. Und die Details können sich oftmals echt sehen lassen. Gerade von Nahem betrachtet halten sie oft stand. Gepaart mit dem eher reduzierten, teils schon fast comicartigen Look ergibt sich ein organisches Gesamtbild. Besonders toll sind die volumetrischen Spielereien in den Innenbereichen, die für eine dichte Atmosphäre sorgen.

Gut, Charaktermodelle könnten vielleicht hier und da etwas mehr Feinpolitur vertragen und auch die Umgebung ist eben doch oftmals etwas zu karg, aber uns gefällt es. Vor allem die Performance: Auf der Xbox Series X läuft das Spiel butterweich, standardmäßig mit einer dynamischen 4K-Auflösung und nahezu perfekten 60 FPS. Auf Wunsch sind sogar 120 FPS drin, dann jedoch mit etwas häufigeren, aber kaum spürbaren Einbrüchen der Bildwiederholungsrate und reduzierter Auflösung.

Auf den älteren Konsolen läuft das Spiel in Anbetracht des Alters der Maschinen und den großen Arealen laut Berichten von Digital Foundry ebenfalls sehr gut. Klar, gerade auf der alten Xbox One fallen etwas häufiger niedrigere FPS auf, dafür performt die Xbox One X noch ziemlich gut.

Sind wir schnell unterwegs, fallen aufploppende Gegenstände und Texturen auf

Bei all dem Lob dürfen wir die Kritik aber auch nicht vergessen. Trotz einjähriger Verschiebung ist auch zum Release noch kein Raytracing-Modus inkludiert. Die Welt ist, wie bereits erwähnt, am Ende doch ein wenig zu leer und sämtliche Versionen leiden darüber hinaus sehr an Pop-In. Das fällt auf dem Boden oder in den Innenarealen kaum auf, wenn man sich allerdings fliegend über die Karte bewegt, kann man den Bäumen beim quasi beim Wachsen zusehen. Zuletzt aktualisieren einige Animationen nicht in der richtigen Rate, was etwa beim Nachladen des Skewers einfach unschön aussieht.

Außerdem wäre auf der Xbox Series X vermutlich mehr drin gewesen, hätte man die Entwicklung nur auf die Current Gen und PCs beschränkt – man merkt dem neuesten Serienableger eben doch an, dass noch die alte Konsolengeneration mitgeschleift werden musste. Auf der anderen Seite ist es löblich, eben jene Fans, die noch keine Xbox Series-Konsole erwerben konnten oder wollten, trotzdem die Möglichkeit zu geben, mit dem Master Chief den Tag zu retten.

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Fazit

Langerwartet, um ein Jahr verschoben und endlich da: Halo Infinite ist genau das, was die Reihe gebraucht hat. Ein Soft Reboot mit neuen (alten) Feinden, Mysterien und einer neuen Herangehensweise an die Spielstruktur.

Gunplaytechnisch ist es das dato bisher ausgereifteste Halo. Sämtliche Mechaniken greifen perfekt ineinander und sorgen für ein flüssiges und vor allem verflucht spaßiges Spielgefühl. Das überwiegt sogar so sehr, dass die deutlichen und fast schon formelartigen Defizite der recht leeren Open World ignoriert werden können.

Audiovisuell strotz der neueste Ableger der Reihe einfach nur vor Charme. Klar, am Ende wäre vielleicht noch etwas mehr in Bezug der Grafik drin gewesen, aber alles wirkt wie aus einem Guss und gerade die Akustik zählt zu dem Besten, was wir im Spielejahr 2021 serviert bekommen haben – gute Kopfhörer oder ein Surroundsystem sind fast schon Pflicht.

Wir sind letztlich gespannt, was für eine Zukunft das Spiel noch vor sich hat. Ausgelegt auf 10 Jahre, wirkt vieles wie ein sehr langer Prolog und eine Vorbereitung auf viele Erweiterungen, die sich die offene Ringwelt zu Nutze machen und die Geschichte rund um das UNSC, die Infinity und letztlich auch den Master Chief vorantreiben und weiterentwickeln.

Für das wirklich immersive Audioerlebnis, den überragenden Soundtrack, die tollen Sprecher, wuchtigen Waffensounds und das räumliche Gefühl bekommt das Sounddesign von uns den XBoxUser Special Award.


Bewertung

Pro

  • Rückkehr zu alten Designs
  • Nahbar erzählte Geschichte
  • Stimmiger Grafikstil
  • Umwerfende Soundkulisse
  • Hervorragendes Gameplay
  • Offene Herangehensweise an viele Missionen dank Open World

Contra

  • Etwas leere Spielwelt
  • Recht standardmäßige Nebenmissionen
  • Story fühlt sich wie ein Intro an
  • Aufploppende Texturen
  • Nicht ganz so charismatische deutsche Sprachausgabe

Gameplay 9 von 10
9/10
Spielspaß 10 von 10
10/10
Spielewelt 7 von 10
7/10
Grafik / Atmosphäre 8 von 10
8/10
Soundqualität 10 von 10
10/10
Inszenierung 8 von 10
8/10
Umfang 8 von 10
8/10
XBU-Silver-Award
8
XBU-Special-Award

2 Kommentare

XBU ringdrossel Di, 01.02.2022, 10:25 Uhr

Schöner Bericht, Thorben :).

Ich habe selber Halo immer nebenbei gespielt. War für mich also nie wirklich so wichtig. Daher fallen mir als Nicht-Fan wahrscheinlich mehr Dinge ins Auge.

Ich habe den etwas ernsteren Ton am Anfang begrüßt, da mir die Reihe schon immer zu bunt war. Und auch der erste Bossfight hat Laune gemacht. Endlich gab es mal etwas mehr zu taktieren.

Allerdings hatte mich das Spiel verloren, sobald ich die Open World betrat. Es gibt einfach zu wenig Interessantes zu tun. Und mit "interessant" meine ich nicht nur die x-te Base mit x-fach recycelten Gegnern einzunehmen, sondern mir fehlt da massiv der Content. Warum werden nicht mehr Stories in der offenen Welt erzählt? Inhaltlich schlägt jedes oft schon bemängelte Far Cry/ Assassin's Creed diese leere Welt bei weitem. Dort gibt es wenigstens Variation in Form von mehr Geschichten und mehr Inhalt zu finden. Nicht nur ein paar maue Audiologs.

Hinzu kommt, dass ich den halben Comiclook von Halo Infinite optisch echt schwach finde. Dafür das es das Flaggschiff von MS sein soll, bin ich stark enttäuscht. Es gibt nur eine Art von Bäumchen und diese über und über. Die Berge sehen auch so generisch aus wie sie nur sein können. Hmmm, kann ich nochmal zurück in den ersten Part des Spiels?

Die Ursprungsvision von HI, die mal auf der Messe vor Jahren vorgestellt wurde, hatte sich spannend angehört. Dort gab es viel mehr zu entdecken. Ja, sogar Unterwasserwelten wurden angedeutet. Davon ist jetzt im fertigen Spiel nichts mehr zu sehen. Schade.

Also mal eben für "lau" im GP, ok. Allerdings fehlt mir selbst dafür der Koop. So ist mir das ganze Spiel einfach zu leer. Eine Open World macht meiner Meinung nach nur Sinn, wenn man diese auch mit Inhalten füllt.

XBU Philippe Di, 01.02.2022, 08:50 Uhr

Bin kein großer Halo-Spieler, aber die Serie bietet konstant gute Games. Das muss man Bungie echt lassen.

Allerdings ist der aktuell noch fehlende Co-Op Multiplayer der Kampagne für mich ein Grund, warum ich es nicht spiele. Halo zu zweit zu spielen ist für mich Teil der Kampagne und macht unglaublich Laune. Wenn das Update denn kommt, dann werde ich es bestimmt mal spielen :)