Page

Xbox und Kinder? Ist das kompatibel? Seit ich Vater geworden bin und meine Xbox nicht mehr im stillen Kämmerlein zocken kann, stelle ich mir reichlich Fragen darüber, wann und wie man seine Kiddies am besten mit Videospielen, insbesondere der Xbox familiarisiert. In meinem Blog/Podcast möchte ich ein paar meine Überlegungen und Erfahrungen teilen. Dabei gebe ich allen angehenden Eltern Tipps, wie man das Ganze am elegantesten lösen kann und ich werde auch ein paar spezifische Spiele auf kindgerechte Art unter die Lupe nehmen, um herauszufinden, was denn für unsere Kleinen wohl am besten ist.

Fünfte Folge hier anhören

Alle Folgen im Überblick

Die ersten beiden Spiele, die ich vorgestellt habe, waren Disney-Spiele und das dritte das ich vorstelle… bleibt dieser Linie treu. Disney und Pixar – beides sind einfach Garanten für qualitativ hochwertige Kinderprodukte. Das dritte Spiel, das ich euch deshalb vorstelle, ist das nächste in der Reihe, das meine Tochter begeistern konnte: Toy Story 3. Ja, so einfach das klingen mag, aber das Spiel zum dritten Toy Story, das jetzt schon etwas länger draußen ist, ist immer noch ein sehr unterhaltsames Game.

Toy Story 3, das 2010 für die Xbox 360 herauskam, ist per Abwärtskompatibilität auch auf der Xbox One und Series spielbar, kostet aktuell schlappe 10€ und ist ein wunderbar tolles Spiel für Kinder. (es war übrigens Ende 2019 als Games with Gold zu haben, so hat der ein oder andere sich das Ganze vielleicht bereits gesichert)

Was ich auch noch zum Titel vorneweg sagen kann: Seltsamerweise hat das Spiel eine USK-Freigabe von ab 12 Jahren. Allerdings ist das Spiel insgesamt echt sehr harmlos und auf Kinder ausgelegt. Es gibt – zumindest meines Erachtens – keine wirkliche Gewalt, keine besonders gruseligen Momente. Ich traue es meiner fünfjährigen Tochter voll und ganz zu.

Rein in die Action!

Wer das Spiel zum ersten Mal spielt wird sofort rein in die Action geworfen und ist mitten im ersten Level. Woody muss reitend auf seinem Ross Bullseye, kurz Bully, dem bösen Doktor Schweinebacke entkommen, der Laserstrahlen auf ihn zielt. Diese wild Hetzjags entstammt der ersten Szene des Films, in der sich das Ganze in der Imagination Andys abspielt, der mit seinen Spielzeugfiguren diese powergeladenen Szenen nachspielt.

Für meine Kleine war der Start direkt gelungen: Action, bekannte Gesichter und eine relativ einfache Steuerung. So dirigiert man den reitenden Woody mit dem linken Stick und springt mit A – mehr gibt’s da anfangs nicht. Da muss man ein paar Hindernissen ausweichen, über Löcher hinwegspringen und das war’s. Kann allerdings schwer genug sein, wenn man die Steuerung noch nicht so gut beherrscht. Meine kleine fünfjährige Tochter hat es nicht immer geschafft, reibungslos weiterzukommen und stieß oft gegen Felsen – so dass ihre Healthbar langsam weniger wurde… Und die Checkpoints in Toy Story 3 sind recht weit auseinandergezogen. So musste sie öfter mal wieder von vorne anfangen. Das störte sie aber nicht weiter und durch die Übung wurde sie besser. Sie schaffte es aber nicht ohne die Ingame-Hilfe, die sich nach einiger Zeit automatisch einschaltete. Stirbt man zu oft, wird man sozusagen unbesiegbar. Man verliert kein Leben mehr. Allerdings kann man noch Schluchten hinunterfallen, was sozusagen als „Insta-Death“ gilt. Aber mit der Spielhilfe gelang es ihr, den ungebremsten Zug einzuholen und schon war Woody auf dem letzten Wagon der Eisenbahn.

Nun wird es sofort komplizierter und es kommt das ins Spiel, was meine Tochter noch lange nicht so gut beherrscht: Jump’n-Run-Mechaniken gepaart mit Actioneinlagen. So kann man nun Woody frei steuern und muss sich im Zug nach vorne kämpfen. Wie ich schon einmal berichtet habe, ist es schwer für kleine Kinder, den Analogstick mit Gefühl zu benutzen. Es war für sie also teilweise eine nicht zu überwindende Herausforderung, einen Hindernisparcours oder Doppelsprünge mit Anlauf auf Anhieb zu meistern. Schwer auch, dass die Spielmechanik hier nichts vorsieht, um kleineren Kindern (oder Videospielneulingen) zu helfen. Stürzt man runter, vermasselt man den Sprung, geht’s zurück an den Checkpoint – und der ist gefühlt recht weit hinten. Da hilft auch die Unsterblichkeit nicht, die man nach einiger Zeit dann automatisch erlangt.

Das Herzstück mit viel Freiraum: Die Spielzeugkiste

Das, was das Spiel als „Woody’s Roundup“ oder Spielzeugkiste tituliert, ist das eigentlich Herzstück des Spiels. Hat man die erste obligatorische Mission mit Woody und dem Zug hinter sich gebracht, so steht sie einem sofort und stetig zur Verfügung. Es ist eine Art „Open World“ ohne Zeitdruck, zum Erkunden. Das Ganze ist – hauptsächlich – im Wilden Westen situiert und fängt ganz gemütlich an: Der Bürgermeister, Meister Specky (meine Kleine lacht sich jedes Mal schlapp, wenn sie den Namen hört) ruft euch und will, dass ihr ein paar Aufträge erfüllt. Das Ganze ist ein bisschen wie eine Sandbox für Kinder. Ihr könnt kleine Aufträge erfüllen, Häuser bauen, umdekorieren, neue NPCs bekommen, Rennen bestreiten, neue Areale auf der Map freischalten und vieles mehr.

So, ich könnte euch natürlich jetzt das ganze Spiel näher erklären, aber sehr sinnvoll wäre das an dieser Stelle nicht. Schließlich habe ich selbst bereits 2010 dazu ein Review hier auf XBoxUser.de zum Game geschrieben. Viel mehr will ich an dieser Stelle auf die Aspekte eingehen, die meine Tochter am Game faszinieren.

  • Das erste, was toll ist: Das Toy-Story-Pixar-Universum. Die Filme sind toll gemacht, meine Kleine mag sie sehr gerne und das Spiel hat überraschenderweise auch in der deutschen Version die Original-Synchronstimmen. Und praktisch alle Dialoge im Spiel sind komplett vertont, so dass sie jedes weiß, was zu tun ist – die Charaktere sagen es ihr schließlich. Und das mit den Stimmen aus dem Film: Perfekt!
  • Was meine Kleine besonders am Spielzeugmodus toll fand, ist die Tatsache, dass sie Jessie als Charakter auswählen konnte. Denn bevor man in diesen offenen Modus startet, kann man als spielbaren Charakter entweder Woody, Buzz oder Jessie auswählen (wechseln kann man nur, wenn man den Modus wieder verlässt). Und ja, es war sinnvoll, dass Toy Story mit dem zweiten Teil auch eine starke weibliche Protagonistin eingeführt hat – mit ihr assoziiert sich meine Kleine nämlich sehr stark. Dazu muss man sagen, dass der vierte Teil ja ebenfalls versucht, Porzellinchen in den Vordergrund zu rücken und ihr dazu einen starken Charakter und eine athletische Ader zu geben. Allerdings bleibt Jessie bei mir und meiner Kleinen trotzdem der Favorit, da Porzellinchen insgesamt doch einen leichten „Barbie“-Touch, wenn ich fies bin, würde ich sagen „Tussi“-Touch hat. Jessie ist unbekümmerter, trägt Jungsklamotten und ist ein Cowgirl. Das ist cool.
  • Wichtig für meine Kleine: Dekorieren! Nein, es ist kein Sims, aber der Spielzeugmodus bietet ein paar Möglichkeiten, die für meine Kleine schon völlig ausreichend sind. Sie baut gerne mit Klemmbausteinen (im Volksmund „LEGO“ genannt, auch wenn ich möglichst keine Produkte dieser raffgierigen, monopolistischen und rücksichtslosen Firma mehr kaufe, aber das ist Nebensache) und deswegen baut sie auch gerne auf der Xbox. In Toy Story kann man bestimmte Gebäude kaufen und platzieren, sie sind aber stets funktionsgebunden und nicht bloß dekorativ (der Bauplatz ist auch begrenzt und klar geregelt, auch wenn später mehr Areale und mehr Baufläche frei wird). So kann man einen „Friseursalon“ kaufen, in den man NPCs stecken oder gar werfen kann, denen man dann neue Frisuren verpasst. Oder ein Gefängnis, in den man Räuber werfen kann. Das interessante jedenfalls ist, dass man diese Gebäude umdekorieren kann. So kann man die Wandfarbe oder Tapete ändern, die Ummantelungen wählen, Fenster und Türen austauschen, Blumen auf die Veranda stellen, einen Briefkasten oder andere Deko vornedran stellen, manchmal kann man das Dach wählen usw. Die Möglichkeiten sind recht hoch und man findet im Laufe des Spiels auch noch mehr Farben und Objekte (in Form von „Kapseln“, also Sammelobjekte), sodass man später ein wahrlich kunterbuntes Allerlei produzieren kann – wenn man das denn so möchte. Und meine Kleine möchte das. Das eine Haus soll orange gestreift wie Nemo sein, das andere in allen Regenbogenfarben erleuchten. Sie hat das mit der einheitlichen Designsprache in der Architekturästhetik noch nicht ganz verstanden – aber das ist ok so. Sie liebt es, sich dort auszutoben.
  • Was meine Kleine ebenfalls am Spielzeugmodus gerne mag, ist mit dem Pferd herumreiten. Bullseye, oder kurz nur „Bully“ genannt, ist Woodys Pferd, das ihr nach ein wenig spielen freischaltet und mit dem ihr euch schneller hin und her bewegen könnt. Auch spezielle Rennen sind mit ihm möglich, auch wenn das für meine Kleine schon recht komplex und schwierig wird.
  • Aber der Modus ist voll mit kleinen, ich nenn es jetzt mal „unnützen“ Zeitvertreiben, die meine Kleine auf Trab halten. So gibt es die Möglichkeit, Goldminen zu zerhacken um ein wenig Gold zu bekommen, man kann mit einer Art „Schleimmaschine“ rosa oder grünen Schleim auf umhergehende NPCs werfen, die dadurch entweder winzig klein oder riesig groß werden, man kann zahlreiche Minigames absolvieren, man kann einfallende Einbrecher mit Gummibällen bewerfen und sie anschließend ins Gefängnis werfen, und, und, und. Zu tun gibt es einiges, und das ist echt super gemacht.

DIe Kehrseite der Medaille

Ok, genug geschwärmt. Das Spiel ist schon sehr cool. Aber es hat auch seine schlechten Seiten. Vor allem für kleine Kiddies. Auf die will ich jetzt etwas näher eingehen.

Das erste ist wohl das komplexe Jump’n-Run-Gameplay, das sehr, sehr schnell in der Story abverlangt wird. Bereits in der zweiten Mission muss man Walljumps ausführen, zwischen Charakteren wechseln, diese miteinander interagieren lassen, Sprünge timen und in einem kleinen Raum die Kamera frei bewegen, damit man alles einsieht. Das ist zu viel für meine kleine Tochter. Versteht mich nicht falsch: Das Spiel bietet keine komplexen Gameplay-Mechaniken wie Super Mario Galaxy, Psychonauts oder Ratchet & Clank. Es ist eher ein kleines „Standard-Repertoire“. Aber für Videospielneulinge, so wie es meine Kleine einer ist, ist das etwas zu viel.

So ist die Story für uns aktuell auf Eis gelegt und der Fokus liegt auf dem Spielzeugkisten-Modus. Aber auch hier kann man schnell mal auf Schwierigkeiten treffen.

Das fängt zum einen mit den Aufgaben an. Diese werden nur einmalig (!) sprachlich erklärt, wenn der entsprechende Charakter einen dazu auffordert. Danach sind die Erklärungen und Hinweise in umständlichen Menüs versteckt. Menüs zu navigieren ist für meine Kleine momentan auch noch zu kompliziert. Umso nerviger, wenn dann sogar einige Charaktere ihre Aufgaben gar nicht laut aussprechen, sondern lediglich in Textform erklärt wird, was zu tun ist. Da muss ich selbst erst einmal das Ganze erklären und dann kann sie es sich auch nicht so bildlich vorstellen. Ganz abgesehen davon, dass diese Aufgaben meist zu kompliziert für meine Kleine sind. So muss man bestimmte „Fotoaufträge“ erfüllen, indem man aus einer langen Liste von Foto-Aufträgen in komplexen Untermenüs sich einen auswählt, dann zuerst NPCs richtig einkleidet, zusammenstellt, dann den Ingamefotoapparat auswählt und sie dann fotografiert. (man muss ein Foto nachstellen) Das sind definitiv zu viele Etappen für meine Kleine und dadurch ist es für sie auch nicht motivierend.

Blöd auch, wenn die Aufgaben manchmal anders sind, als erwartet. So gibt es einen, indem Bürgermeister Specky ausdrücklich sagt, er würde gerne Werbung für seine neue Wahlkampagne haben (was an und für sich schon unverständlich für meine Tochter ist), der eigentliche Auftrag, den wir dann aber erst im Menü nachlesen müssen, beinhaltet dann, dass man drei NPCs ein T-Shirt mit Speckys Gesicht drauf anzieht.

Andere Probleme im Spiel sind immer ähnlich: Zu komplexe Aufgaben in zu vielen Menüs versteckt, sodass man als Neuling überfordert ist. Dabei bietet der Spielzeugkisten-Modus unglaublich viel. Anfänglich hat man nur an der Oberfläche gekratzt. Es gibt enorm viele Minispiele und Aufgaben zu entdecken, wahnsinnig viele Sammelobjekte zu finden und viele Areale und Bonuscharaktere zum Freischalten. All dies ist aber immer sehr kompliziert für kleine Kinder, die nicht lesen können. Es gibt viele verschiedene Menüs, nicht alle Aufgaben werden laut erklärt und viele Dinge sind typische Videospiel-Elemente mit denen Anfängern Probleme haben können.

Was bleibt vom Fest

So haben wir bei Toy Story 3 ein zweischneidiges Schwert. Einerseits spielt meine Tochter unglaublich gerne im Spielzeugkistenmodus mit Jessie, läuft und reitet umher, dekoriert die Häuser um, hackt Gold, vollführt ab und zu ein Rennen und gelegentlich, wenn ich sie dazu nötige, absolviert sie eine Aufgabe. Und da haben wir eigentlich das Problem: Das Spiel ist etwas zu komplex, als dass meine Kleine sich selbst damit zurechtfinden würde. Sie brauch stetig alle paar Minuten meine Unterstützung, und sei es nur, dass ich ihr einmal die Kamera richte oder zeige, wie man nun in den Baumodus kommt.

Toy Story 3 bietet sehr viel. Erstaunlich viel für ein Spiel, das eigentlich nur auf einem Film basiert. Zwar ist die Story kurz, dafür unterhaltsam, aber der Freiraum und die vielen Aufgaben im Spielzeugkistenmodus machen das alles wett. Allerdings scheint die Zielgruppe aufgrund des vielschichtigen Gameplays wohl dann doch etwas älter zu sein als meine fünfjährige Tochter, wobei man wiederum auch zugeben muss, dass das Spiel ja auch erst USK ab 12 ist.

Toy Story 3 wird weiterhin unter den Favoriten meiner Kleinen bleiben und ich bin eigentlich sehr gespannt darauf, wie sie das Spiel in ein paar Jahren meistern wird, wenn ihre Videospielkompetenz insgesamt gestiegen ist. Dann wird sie staunen, was für Möglichkeiten das Spiel alles bietet…

Quelle: XBoxUser.de

0 Kommentare