
Superlative sind gerne gesehen, wenn es um das Marketing für Produkte geht. Auch die Softwareindustrie ist dabei keine Ausnahme. Doch was haben solche Superlative für eine Bedeutung, wenn schlicht und einfach die Konkurrenz im Segment fehlt. ,,Die realistischste und vollständigste Jagdsimulation", so zumindest betitelt Publisher Bigben Interactive, Hunter's Trophy 2: Europa von Kylotonn Entertainment. Doch was dran ist an dieser Aussage, dass klärt unser Test für euch auf.
Under Development
Ganz im Stile einer typischen Alltagssimulation haben sich die französischen Entwickler von The Cursed Cursade daran gemacht, das Leben eines Jägers zu digitalisieren. Das Hauptmenü ist spärlich gesäht, wir haben die Auswahl zwischen ,,Jagdsaison" und ,,Schießwettbewerb". Ersteres repräsentiert hierbei eine Art Karrieremodus im zweiten Modus gilt es in vier verschiedenen Disziplinen ein Highscore aufzustellen. Wir entscheiden uns für ,,Jagdsaison" und starten von eben dieser eine Neue.
Zu erst gilt es eine Jagdschein zu erwerben, dafür muss man einige Holzziele sowie Tontauben mit dem Gewehr treffen. Dabei fällt gleich ins Auge, dass die Optik des Spiels in keinster Weise mit heutigen Standards mithalten kann. Die Texturen sind zwar größtenteils scharf, aber insgesamt sehr abwechlungs- und farbarm. Die Objekte wie Büsche oder Findlinge ploppen immer wieder vor einem auf und sind auch bei Anwesenheit keine Augenweide. So bestehen Gras und Sträucher, ebenso wie Blätter an Bäumen immer nur aus einer verhältnismäßig pixeligen Bitmap. Die Tiere selber sind auch alle samt relativ detailarm gestaltet und wurden mit teils erschreckend stockenden Animationen ausgestattet. Eine Erklärung für die lieblose Umsetzung zu finden ist dabei eine echte Herausforderung. Vielleicht liegt es daran, dass sich laut Entwicklerhomepage das Spiel noch ,,Under Development" befindet. Komisch, denn seit dem 08. November steht es schon im Laden.
Der Sound des Spiels wirkt da schon deutlich harmonischer, zumindest bis man anfängt sein Jäger-Alter-Ego durch die Landschaft zu navigieren. Untermalt von permanentem Entengequarke war es gar nicht so einfach herauszufinden, dass diese backpfeifenartigen Klatscher die Schritte des Jägers akustisch untermalen sollen. Dieses auf Dauer sehr nervige Geräusch in Kombination mit eben angsprochenen Entengequarke sorgt dafür, dass man den Sound schnell herunterdreht. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn bis auf das idylische Zwitschern in den Menüs verpasst man akustisch sonst auch nichts. Was die Schritte zu wuchtig sind, fehlt den Schüssen an Wums. Technisch hinterlässt das Spiel einen ziemlich kläglichen Eindruck, welcher durch Clippingfehler und fehlende Sprachausgabe abgerundet wird.
Geduld
Jäger brauchen Geduld, diese Tatsache hat Entwickler Kylotonn Entertainment hervoragend in das Spiel integriert, so sind sogar die Ladezeiten beim Wechsel von einem Menü zum Untermenü teilweise lang andauernd. Auch spielerisch bleibt dieses Stück Softwarekunst weit hinter heutigen Ansprüchen zurück. So bewegt sich der Protagonist, sofern ihr nicht im - unbegrenzt verfügbaren - Sprint-Modus seid, wie eine Schnecke. Das Zielen widerrum ist ganz ordentlich und auch recht präzise umgesetzt, zumindest so lange ihr nicht in die Zoom-Ansicht geht. In dieser ist es erstens nicht möglich den anvisierten Bildausschnitt zu ändern, zweitens wird das Fadenkreuz immer wieder gen Bildschirmmitte gezogen, was präzises Zielen hier nahezu unmöglich macht.
Eine nur minder störende, aber ebenso kurriose Designentscheidung der Entwickler war es, dass der Protagonist sich auf B in die Hocke begibt, aber es keine Taste gibt, um ihn wieder aufzurichten. Dafür muss man erneut B drücken, wodurch sich der Jäger hinlegt. Nun drück man weitere zwei Mal B, um von der Liege- in die Hocke- und abschließend die Stehposition zu gelangen. Auweia!
Ich sehe ... ein Schild!?
Auf der Suche nach den zu erlegenden Tieren orientiert ihr euch an ,,holografischen Schildern", die in der Natur verteilt wurden. Das ist zwar auf Grund der mageren Optik einfacher, als nach richtigen Spuren zu suchen, stört aber doch irgendwie die Atmosphäre, sofern diese vorhanden wäre. Das Auffinden der zu jagenden Tiere ist dagegen schon bedeutend schwieriger, da sie sich teilweise überhaupt nicht von ihrer Umgebung unterscheiden lassen. Sicher, ein echter Jäger braucht auch gute Augen, aber ohne ordentliche Konturen würde auch dieser nichts erkennen. Noch besser wird es beim Verfolgen einer Fährte. Hierfür müsst ihr durch die Weltgeschichte laufen und darauf hoffen, dass wieder eines der holografischen Schilder aufploppt, denn dann seid ihr auf der richtigen Spur.
Alles in allem resultieren diese Tätigkeiten in nichts weiter als einem müden Lächeln oder verwundertem Kopfschütteln. Da hilft auch die rollenspielartige Entwicklung eures Jägers nicht weiter. Diesen könnt ihr nämlich nach erledigten ,,Jagdplänen" in fünf Kategorien um fünf Stufen ausbauen. So könnt ihr seine Präzision erhöhen oder die Tarnung, um von Tieren schlechter erspäht zu werden.
Das gilt als Multiplayer?
Die Schießwettbewerbe sind vier Minispiele, in denen es gilt, auf bewegliche und unbewegliche Ziele zu schießen, ohne das ihr euch bewegen dürft. Durch die schwammige Steuerung kommt aber auch hierbei kein echter Spielspass auf und die Bestenlisten können unserer Meinung nach ebenso wenig als Multiplayer gezählt werden, wie die Möglichkeit diese Modi zu zweit an einem Bildschirm zu absolvieren.
Fazit
Das Beste an dem Spiel Hunter's Trophy 2: Europa ist, dass hierbei keine echten Tiere zu Schaden kommen.
Man mag zum Thema ,,Jagen als Sport" persönlich ja stehen wie man will, aber dieses Spiel kann in keiner Kategorie auch nur ansatzweise überzeugen.
Hunter's Trophy 2: Europa bietet leider mehr Langeweile als Spielspaß, realisitisch sind nämlich weder die Spielmechanismen, noch das Gameplay und auch die Technik kann einen Ausflug in den nahegelegenen Wald nicht vorgaukeln.
Also was bleibt vom Superlativ, den wir in der Einleitung vorgestellt haben? Zumindest für meinen Kenntnisstand ist die erwähnte Aussage keine Lüge, aber ebenso wenig ein Qualitätsmerkmal. Daher sage ich: Finger weg von dem Spiel oder der Simulation, was auch immer...
Bewertung
Pro
- Keine echten Tiere werden verletzt
- Rollenspielelemente für den Jäger
- Idyllisches Vogelgezwitscher
Contra
- Schlechte Technik
- Teils nerviger Sound
- Hakelige Steuerung
- Kein echter Multiplayer
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